Die K-Frage: Kinder, keine Kinder und die Sache mit der Toleranz

Es gibt Themen, die schnell zu hitzigen Diskussionen führen – online wie offline. Kaum eine Frage ist so persönlich und individuell wie die nach Kindern. Gleichzeitig wird diese immer wieder – mal mehr mal weniger öffentlich – gestellt und heiß diskutiert. Gesellschaftliche und familiäre Erwartungen und Druck können dabei nicht nur Partnerschaften, sondern vor allem Frauen als Individuum belasten. Kann bei der Diskussion der Kinderfrage überhaupt jemand gewinnen?

MEHR TOLERANZ UND SOLIDARITÄT BITTE

„Leben und leben lassen“, lautet ein alter Spruch. Er ist so simpel und wahr und gleichzeitig offenbar so schwer zu realisieren. Vor Kurzem habe ich auf facebook ein Video der Autorin Kathrin Weßling geteilt, indem sie über die Äußerungen von Eltern gegenüber Kinderlosen spricht. Mit einer Freundin (und Mutter) habe ich in den Kommentaren diskutiert und schnell haben wir festgestellt: Die Kinderfrage ist eine, bei der irgendwie keiner gewinnen kann und schon gar nicht wir Frauen. Denn irgendwie wird sie zwar an ein Paar adressiert, aber den Druck bekommt eben doch hauptsächlich die Frau zu spüren. Meine Frauenärztin meinte vor Kurzem zu mir: „Sie haben ja noch 3 Jahre Galgenfrist“ (In Anspielung auf die Tatsache, dass Schwangerschaften ab 35 bereits als Risikoschwangerschaft gelten). So schnell wollte ich noch nie von dem Behandlungsstuhl, auch wenn es natürlich scherzhaft gemeint war. Ironischerweise sind es gerade Frauen, die sich untereinander zerfleischen, wenn es um Kinderplanung geht. Ich schreibe bewusst nicht Familienplanung, denn für mich kann das Konzept der Familie auch in einer Partnerschaft und mit Freunden gelebt werden.

Video Kathrin Weßling: https://www.watson.de/videos/256-wahres-glueck-geht-nur-mit-einem-eigenen-kind-von-wegen

EIN KIND ODER KEIN KIND? VOR ALLEM MEIN KIND!

Meiner Meinung nach geht die Frage nach Nachwuchs genau zwei Menschen etwas an: Mich selbst und den Partner/ die Partnerin. Ein gesundes Interesse in der Familie oder im Freundeskreis ist natürlich normal und auch gewünscht. Aber oft werden Standpunkte wie: „Für uns aktuell noch kein Thema“ oder gar ein „Wir sind uns noch unschlüssig.“ mit Aussagen wie: „Ihr wisst ja nicht, was ihr verpasst“ oder noch schlimmer „Irgendwann ist es zu spät!“ kommentiert. Ich habe mir da inzwischen angewöhnt, so gut wie möglich auf Durchzug zu schalten. Mal ganz abgesehen davon, dass das einfach übergriffig ist, haben einige Paare vielleicht nicht das Glück, „reproduktionstechnisch perfekt“ zu sein und können keine Kinder bekommen oder versuchen es im Privaten verzweifelt. Daher im Zweifelsfall lieber schweigen, auch wenn oft nur die überbordende Liebe und das Mutter- oder Grußmutterglück aus dem Gegenüber spricht.

Ich käme zum Beispiel nie auf die Idee zu einem Elternpaar zu sagen: „Ihr wisst ja gar nicht, was ihr verpasst, weil ihr nicht so viel reist wie wir.“ Ganz einfach, weil es anmaßend und arrogant ist. Wieso sollte ich mir erlauben, darüber zu urteilen was andere glücklich macht? Für mich und meinen Mann ist es aktuell die Freiheit, unser hart verdientes Geld durch Reisen, Konzerte und andere Erlebnisse auszugeben und die Zeit als Paar zu genießen. Das heißt aber nicht, dass ich es für mich ausschließe, auch im Waldspaziergang mit einem kleinen Stöpsel Erfüllung zu finden. Überhaupt bin ich keine „Kinderhasserin“, nur weil ich mit 32 nicht den unbändigen Wunsch verspüre, mich sofort fortzupflanzen. Denn auch in diese Schublade wird man ja gerne gesteckt und bekommt dann schnell zu hören: „Warte mal ab, du wirst schon noch sehen, wenn die biologische Uhr tickt!“, garniert mit einem wissenden Blick. Dabei kann ich mich schon glücklich schätzen, denn meine „Spießer-Bilanz“ bisher kann sich sehen lassen: 32, verheiratet – die Hoffnung ist noch nicht verloren! Ich mag gar nicht daran denken, wie schwer dieses Thema für meine Geschlechtsgenossinnen ist, die Single sind oder sich gar bewusst gegen Kinder entscheiden. Wie egoistisch!

frau schwanger

©Vasyl Dolmatov/iStock

LEBEN UND LEBEN LASSEN. IST DAS ÜBERHAUPT MÖGLICH?

Eines ist klar: Genauso wie es überzeugte Eltern gibt, die freudestrahlend vom „einzig wahren Glück“ und „Sinn des Lebens“ berichten und damit meiner Meinung nach indirekt und oft auch unbewusst ein Leben ohne Kinder abwerten, gibt es auch Kinderlose, die sich wie ein Waldschrat im Dickicht der Emotionen benehmen. Kommen wir also zurück zum utopischen Wunsch, dass wir einander doch einfach so leben lassen sollten, wie wir es wollen. Warum fällt uns das so schwer? Konkret in Bezug auf die Kinderfrage: Weil Eltern und freiwillig kinderlose Paare einfach in verschiedenen Welten leben. Das ist Fakt. Menschen ohne Kinder haben keinen Schimmer von den Problemen, mit denen Eltern zu kämpfen haben und umgekehrt vergessen Eltern vielleicht oft, wie die Zeit vor den Kindern war. Die Prioritäten sind einfach unterschiedlich und oft auch nicht vereinbar. „Leben und leben lassen“, also so etwas wie kommentarlose Toleranz ist auch deswegen so schwer, weil wir alle einen Lebensentwurf haben. Eine Art bewusster oder unbewusster Plan, nachdem wir leben, den wir für richtig ansehen und durch unsere Entscheidungen immer wieder vor uns selbst legitimieren. Natürlich sind wir bei der Verteidigung dieses Entwurfs mit Leidenschaft dabei, denn er gibt uns Orientierung und macht unser Leben sinnvoll. Wir müssen eigentlich nur lernen zu akzeptieren, dass dieser eben bei jedem anders aussieht und das auch völlig in Ordnung so ist. Und das Schönste an Plänen: Man kann sie auch mal ändern ohne das Gesicht zu verlieren!

DAS INTERESSIERT DICH AUCH

Auch in Sachen Hochzeit lastet auf Frauen oft ein enormer Druck. Lasst euch nicht in Diäten zwängen und seid einfach ihr selbst! Nach der rauschenden Hochzeitsfeier kommt für viele Paare – angekommen im Alltag – oft der After Wedding Blues. Doch den kann man bekämpfen! Ungebunden und unabhängig zu sein, hat definitiv Vorteile. Hast du zum Beispiel schon mal daran gedacht, allein zu verreisen?

abbinder newsletter