Ich bin wie meine Mutter – und das ist gut so!

Du bist wie deine Mutter!“. Vor allem unter Paaren gilt dieser Kommentar als verbaler Tiefschlag und ist für viele Frauen emotionaler Zündstoff. Dabei können wir wie unsere Mütter und gleichzeitig selbstbestimmt und individuell sein. Mit der Reife kommt oft die Erkenntnis: Wir können diese Gleichheit nicht nur als Bedrohung, sondern auch als Geschenk sehen.

ZWISCHEN VORBILD UND ABGRENZUNG

Wenn es etwas gibt, das man als selbstbestimmtes Individuum ablehnt, dann eine Kopie zu sein. Spätestens mit der Pubertät wird der Ruf nach einer eigenen Identität so laut, dass er sich nicht selten in emotionalen Gefechten mit den Eltern entlädt. Vor allem zwischen Mutter und Tochter verändert sich die Beziehung mit der Zeit – und das ist für beide nicht einfach. Wenn ich heute mit Anfang 30 zurückblicke wird mir oft bewusst: Ich war als Teenie oft ein richtiges Arschloch zu meiner Mutter! Heute weiß ich natürlich, dass diese Adoleszenz – der rauschhafte Mix aus Hormonen und Entwicklung (sowohl körperlich als auch psychisch) ein Ausnamezustand in der persönlichen Reifung ist. Psychologisch gesehen entwickelt man sich vom Kind zur Frau und möchte als Tochter immer mehr seinen eigenen Weg gehen. Da ist es das Naheliegendste gegen die Frau zu rebellieren, die schon immer da war und gleichzeitig im Familienbund die Rolle einer Autorität einnimmt. Sigmund Freud würde wahrscheinlich noch irgendwas von Konkurrenz einstreuen. Knallende Haustüren, Beleidigungen oder auch die pure Ignoranz – Rückblickend weiß ich nicht, wie meine Mutter das mit mir und meiner Schwester ausgehalten hat. An dieser Stelle auch stellvertretend für alle Mütter der Welt: Entschuldigung, Mama! Wahrscheinlich reden unter anderem davon alle, wenn es heißt „Kinder sind das größte Geschenk und auch die größte Herausforderung!“. Zu bewältigen ist das nur mit dem unvergleichbaren Geschenk und Kraftakt gleichermaßen: Der Mutterliebe.

mutter und tochter vertraut

©Georgijevic/iStock

DAS VERHÄLTNIS ZUR MUTTER WANDELT SICH

Natürlich ist jede Mutter-Tochter-Beziehung einzigartig und von den unterschiedlichen Erfahrungen geprägt, aber es eint sie eine natürliche Entwicklung: Nach den rebellischen Teenager-Jahren kommt irgendwann die Zeit als junge Erwachsene und mit der Distanz auch oft die Nähe. Der Rat der Mutter übers Telefon, das Ausheulen bei Ärger im Job oder in der Liebe wird umso kostbarer, sobald er nicht mehr nur eine Tür, sondern einige Kilometer weg ist. Je älter man als Tochter wird und sich auch der Sterblichkeit der Eltern bewusst wird, umso dankbarer wird man. Die Perspektive ändert sich und ist wahrscheinlich auch weniger ichbezogen. Je mehr man sich als Individuum entwickelt und findet, umso versöhnlicher wird die Beziehung zur Mutter und irgendwann erkennt man mit der nötigen Reife all die Opfer, die die Mutter für einen gebracht hat und zur Vertrautheit kommt Bewunderung. Wenn ich in meinen eigenen Macken den Charakter meiner Mutter erkenne, ist das dann irgendwann nichts Abstoßendes mehr, sondern macht mich stolz. Das sind die kleinen Dinge im Alltag wie die ewige Suche nach der Brille, der etwas chaotisch geführte Haushalt und das entspannte Verhältnis zur Ordnung, die fehlende Entscheidungsfreudigkeit, die Nachdenklichkeit, die oft in viel zu langem Grübeln mündet aber auch die Fähigkeit, in schwierigen Zeiten Stärke und Humor zu bewahren, großzügig und engagiert zu sein. Ich sehe die Ähnlichkeiten mit meiner Mutter nicht als Bedrohung oder selbsterfüllende Prophezeiung, der man ausweichen oder die man gar bekämpfen muss. Sie sind ein Teil von mir, haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin und mir gleichzeitig erlaubt, mich selbst und unabhängig zu entwickeln – Ich bin wie meine Mutter und trotzdem ich selbst. Unikat statt Kopie.

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Charaktereigenschaften wie mangelnde Entscheidungsfreudigkeit kann man durchaus von den Eltern übernehmen. Aber es gibt Tipps zu Abhilfe! Die sogenannten „häuslichen Pflichten“ liegen nicht jeder Frau. Vielleicht gibt es ja so etwas wie ein „Hausfrauen-Gen“? Irgendwann wird jede Frau mit der Frage nach Kindern konfrontiert. Leider wird diese Diskussion oft völlig falsch geführt und die Toleranz bleibt auf der Strecke!

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