Das Ende des Glitzers: Was das EU-Mikroplastik-Verbot für die Beauty-Branche bedeutet
Ein Hauch von Schimmer auf den Lidern, funkelnde Lippen oder ein strahlendes Dekolleté – Glitter ist aus dem Beauty-Kosmos kaum wegzudenken. Doch die Tage des konventionellen, auf Kunststoff basierenden Glitters sind gezählt. Eine neue EU-Verordnung nimmt bewusst zugesetztes Mikroplastik ins Visier und läutet damit eine tiefgreifende Veränderung für Kosmetik-Formulierungen ein. Was oft als pauschales „Glitzer-Verbot“ bezeichnet wird, ist tatsächlich eine weitreichende Regulierung mit gestaffelten Fristen bis ins nächste Jahrzehnt. Für Beauty-Aficionados und die Industrie beginnt eine neue Ära – eine, die auf Nachhaltigkeit und Innovation setzt.
Die am 17. Oktober 2023 in Kraft getretene EU-Verordnung nach der REACH-Chemikalienverordnung beschränkt synthetische Polymermikropartikel, die kleiner als fünf Millimeter, unlöslich und schwer abbaubar sind. Ziel ist es, die Freisetzung von persistentem Mikroplastik in die Umwelt drastisch zu reduzieren. Diese Partikel, die über das Abwasser in die Ökosysteme gelangen, stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Umwelt und potenziell auch für die menschliche Gesundheit dar. In der Beauty-Branche betrifft dies nicht nur den offensichtlichen losen Glitter für Face- und Body-Art, sondern eine ganze Reihe von Produkten, in denen Mikroplastik für Textur, Filmbildung oder als Füllstoff dient.
Der Zeitplan: Ein gestaffelter Abschied vom Mikroplastik
Die Umsetzung des Verbots erfolgt nicht über Nacht. Die EU hat einen detaillierten Zeitplan mit unterschiedlichen Übergangsfristen für verschiedene Produktkategorien festgelegt, um der Industrie ausreichend Zeit für die Umformulierung zu geben. Dieses Vorgehen erkennt die Komplexität der Produktentwicklung an und soll gleichzeitig den Wandel beschleunigen.
Für losen Glitter aus Kunststoff und Mikroperlen, wie sie in Peelings verwendet wurden (Rinse-off-Produkte), galt das Verkaufsverbot bereits unmittelbar mit Inkrafttreten der Verordnung im Oktober 2023. Andere Kategorien profitieren von längeren Fristen:
- Ab 2027 endet die Frist für abwaschbare Kosmetika („Rinse-off“-Produkte), die Mikroplastik enthalten, das nicht primär für Peeling-Effekte zugesetzt wurde.
- Ab 2029 folgt das Verbot für auf der Haut verbleibende Kosmetika („Leave-on“-Produkte).
- Einen besonders langen Übergangszeitraum gibt es für Make-up, Lippen- und Nagelprodukte. Hier müssen die Formulierungen bis 2035 angepasst sein.
Allerdings gibt es schon ab dem 17. Oktober 2031 eine wichtige Kennzeichnungspflicht: Produkte in den letztgenannten Kategorien, die dann noch Mikroplastik enthalten, müssen den Hinweis „enthält Mikroplastik“ tragen. Dieser transparente Ansatz soll es Konsumenten ermöglichen, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen.
Mehr als nur Glitzer: Welche Produkte betroffen sind
Die Diskussion um das EU-Verbot hat sich stark auf Glitter konzentriert, doch die Reichweite der Verordnung ist wesentlich größer. Mikroplastik findet sich in einer Vielzahl von Beauty-Produkten, oft unbemerkt vom Verbraucher. Es wird als Filmbildner in Mascaras und langanhaltenden Lippenstiften eingesetzt, als Füllstoff in Pudern und Foundations, um die Textur zu verbessern, oder zur Verkapselung von Duftstoffen.
Die Herausforderung für die Marken liegt darin, adäquate Alternativen zu finden, die nicht nur umweltfreundlich sind, sondern auch die gleiche Performance und das gewohnte sensorische Erlebnis bieten. Die lange Übergangsfrist für Make-up und Lippenprodukte bis 2035 unterstreicht die Komplexität dieser Aufgabe. Hier sind die Partikel oft entscheidend für die Produkteigenschaften wie Haltbarkeit und Tragegefühl.
Die Zukunft funkelt grün: Innovative Alternativen sind da
Der Abschied vom Plastikglitter bedeutet keineswegs das Ende des Schimmers. Die Industrie hat bereits beeindruckende, umweltfreundliche Alternativen entwickelt, die dem Original in nichts nachstehen. Diese neuen „Bio-Glitter“ basieren auf Materialien, die in der Umwelt abgebaut werden können und somit keine bleibenden Spuren hinterlassen.
Die gängigsten Alternativen sind:
- Cellulose-Glitter: Hergestellt aus der Zellulose von Eukalyptusbäumen oder anderen Pflanzen, ist dieser Glitter biologisch abbaubar. Spezielle Herstellungsverfahren ermöglichen brillante Farben und Effekte, die von metallisch bis holografisch reichen.
- Mica und synthetischer Glimmer: Mica ist ein natürlich vorkommendes Mineral, das seit jeher für Schimmereffekte in Kosmetik genutzt wird. Um ethische Bedenken bezüglich des Abbaus zu umgehen, wird vermehrt auf synthetischen Glimmer (Synthetic Fluorphlogopite) gesetzt. Dieser im Labor hergestellte Stoff ist reiner und ermöglicht noch intensivere Glanzeffekte.
- Borosilikatglas: Partikel aus Borosilikatglas (Calcium Sodium Borosilicate) bieten einen extremen, fast schon diamantartigen Glanz. Sie sind stabil und sicher für die kosmetische Anwendung.
Diese innovativen Materialien zeigen, dass Nachhaltigkeit und glamouröse Looks Hand in Hand gehen können. Viele Nischen- und auch zunehmend etablierte Marken setzen bereits vollständig auf diese umweltfreundlichen Alternativen und beweisen, dass der Wandel möglich ist, ohne an Kreativität und Ausdruckskraft zu verlieren.
Was bedeutet das für Beauty-Lover?
Für Konsumenten bedeutet die neue Regelung vor allem mehr Transparenz und die Sicherheit, dass die Produkte, die sie verwenden, die Umwelt weniger belasten. Es lohnt sich, bereits jetzt einen genaueren Blick auf die INCI-Liste (Liste der Inhaltsstoffe) zu werfen. Begriffe wie Polyethylene (PE), Polyurethane (PUR) oder Polyethylene Terephthalate (PET) deuten auf klassisches Mikroplastik hin.
Das schrittweise Auslaufen der Produkte mit Mikroplastik wird dazu führen, dass die Regale sich langsam, aber sicher mit innovativen und nachhaltigen Formulierungen füllen. Der Wandel ist eine Chance für die gesamte Branche, sauberere und verantwortungsvollere Produkte zu schaffen. Das Ende des Plastikglitters ist somit nicht nur ein Gewinn für die Umwelt, sondern auch ein Motor für eine neue Generation von High-Performance-Beauty, die im Einklang mit unserem Planeten steht. The future of beauty is sparkling clean.
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