Beauty-Inhaltsstoff Titandioxid: Ein kritischer Blick auf Nutzen und mögliche Risiken
Titandioxid, auch bekannt als CI 77891, ist ein weit verbreiteter Inhaltsstoff in der Kosmetikindustrie. Es dient als Weißpigment und mineralischer UV-Filter. Doch nach dem Verbot in Lebensmitteln und anhaltenden wissenschaftlichen Diskussionen steht Titandioxid auf dem Prüfstand. Viele fragen sich: Wie sicher ist der Inhaltsstoff in Kosmetik wirklich?
Titandioxid ist ein mineralischer Stoff, der für seine Fähigkeit, Produkten eine strahlend weiße Farbe zu verleihen und vor UV-Strahlung zu schützen, geschätzt wird. Man findet es in einer breiten Palette von Kosmetika – von Make-up über Zahnpasta bis hin zu Sonnencremes. Trotz seiner vielfältigen Anwendungen und Vorteile ist Titandioxid in den Fokus kritischer Betrachtungen gerückt, insbesondere im Hinblick auf potenzielle Gesundheitsrisiken.
Die Funktionen von Titandioxid in Kosmetikprodukten
In der Kosmetik erfüllt Titandioxid hauptsächlich zwei Funktionen. Als Farbpigment (INCI: CI 77891 oder Titanium Dioxide) sorgt es für eine hohe Deckkraft und eine intensive Weißfärbung. Dies ist bei Produkten wie Foundation, Puder, Lidschatten, aber auch in Lippenstiften und Zahncremes von Bedeutung, um Unregelmäßigkeiten zu kaschieren oder die gewünschte Farbintensität zu erreichen.
Die zweite wesentliche Eigenschaft ist seine Funktion als physikalischer UV-Filter. In Sonnencremes und anderen Hautpflegeprodukten mit Lichtschutzfaktor bildet Titandioxid eine Barriere auf der Haut, die UV-Strahlen reflektiert und absorbiert. Diese Art von UV-Schutz wird oft als mineralisch bezeichnet und gilt im Allgemeinen als gut verträglich, weshalb der Inhaltsstoff häufig in Produkten für empfindliche Haut und in Naturkosmetik eingesetzt wird. Um eine bessere Verteilbarkeit zu erreichen und einen sichtbaren Weißfilm auf der Haut zu reduzieren, wird Titandioxid hierbei oft in Form von Nanopartikeln verwendet.
Titandioxid: Gegenstand wissenschaftlicher Debatten
Die Diskussion um die Sicherheit von Titandioxid intensivierte sich, nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Jahr 2021 zu dem Schluss kam, dass eine genotoxische Wirkung (Schädigung des Erbguts) bei oraler Aufnahme von Titandioxid-Partikeln (als Lebensmittelzusatzstoff E171) nicht ausgeschlossen werden könne. Dies führte zu einem EU-weiten Verbot von E171 in Lebensmitteln seit August 2022.
Diese Neubewertung hat naturgemäß Fragen hinsichtlich der Sicherheit von Titandioxid in Kosmetika aufgeworfen. Die Risikobewertung hängt maßgeblich vom Aufnahmeweg des Stoffes in den menschlichen Körper ab.
- Dermale Aufnahme (über die Haut): Nach aktuellem Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse wird Titandioxid, sowohl in mikronisierter Form als auch als Nanopartikel, bei äußerlicher Anwendung auf gesunder Haut nicht oder nur in vernachlässigbaren Mengen resorbiert. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und der Wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU (SCCS) stufen die Verwendung in Cremes und Lotionen daher als sicher ein. Es gibt jedoch Diskussionen über das Verhalten auf geschädigter oder sonnenverbrannter Haut, auch wenn die meisten Studien hier ebenfalls keine signifikante Penetration zeigen.
- Inhalative Aufnahme (über die Atemwege): Ein potenzielles Risiko stellt die Inhalation von Titandioxid-Partikeln dar. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stuft Titandioxid als „möglicherweise krebserregend für den Menschen bei Inhalation“ (Gruppe 2B) ein. Dies bezieht sich primär auf die Exposition gegenüber hohen Konzentrationen von Titandioxid-Staub am Arbeitsplatz. Für kosmetische Produkte in Pulverform (z.B. loser Puder) oder als Spray (z.B. Sonnensprays), die Titandioxid enthalten und eingeatmet werden könnten, ist daher eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung geboten. Die EU-Kosmetikverordnung beschränkt den Einsatz von Titandioxid (Nano) in Sprayanwendungen, um eine Aufnahme über die Lunge zu minimieren.
- Orale Aufnahme (über den Mund): Besondere Aufmerksamkeit gilt Kosmetika, die unbeabsichtigt verschluckt werden können, wie Lippenstifte, Lippenpflegeprodukte und Zahnpasta. Angesichts der EFSA-Bewertung für Lebensmittel und der nicht vollständig geklärten Datenlage zur Aufnahme über die Mundschleimhaut und möglicher lokaler Effekte, wird der Einsatz von Titandioxid in diesen Produkten kritisch diskutiert. Verbraucherorganisationen wie ÖKO-TEST weisen regelmäßig auf Titandioxid in solchen Produkten hin und raten zu Alternativen. Eine erneute Sicherheitsbewertung durch den SCCS für oral angewendete Kosmetika wird für das zweite Quartal 2025 erwartet. In der Zwischenzeit haben einige Hersteller bereits reagiert und bieten titandioxidfreie Formulierungen an, z.B. benecos oder That’s me organic.
Nanopartikel: Eine differenzierte Betrachtung ist notwendig
Die Verwendung von Titandioxid in Nanogröße in Sonnenschutzmitteln bietet technologische Vorteile wie verbesserte Transparenz und Verteilbarkeit. Gleichzeitig stehen Nanomaterialien generell unter Beobachtung hinsichtlich ihrer Sicherheit.
Wie erwähnt, deuten aktuelle wissenschaftliche Bewertungen darauf hin, dass Nano-Titandioxid gesunde Haut nicht in relevantem Maße passiert. Dennoch ist die Langzeitwirkung und das Verhalten von Nanopartikeln im Körper und in der Umwelt Gegenstand fortlaufender Forschung. Kosmetikprodukte, die Nanomaterialien enthalten, müssen in der EU entsprechend gekennzeichnet sein (Zusatz „(nano)“ in der INCI-Liste), um Transparenz für die Verbraucher zu gewährleisten. Die potenziellen Auswirkungen von Nano-Titandioxid auf aquatische Ökosysteme werden ebenfalls untersucht und erfordern einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Material.
Einordnung und Empfehlungen für Verbraucher
Die Sicherheit von Titandioxid in Kosmetika ist ein komplexes Thema, das von verschiedenen Faktoren wie Anwendungsform, Partikelgröße und Aufnahmeweg abhängt. Während die äußerliche Anwendung auf intakter Haut nach derzeitigem Wissensstand als sicher eingestuft wird, bestehen bei Produkten, die inhaliert oder verschluckt werden können, weiterhin Diskussionspunkte und Forschungsbedarf.
- Informierte Produktwahl: Die Lektüre der Inhaltsstoffliste (INCI) ist ein erster Schritt. Titandioxid wird als CI 77891 oder Titanium Dioxide aufgeführt. Achte auf den Zusatz „(nano)“, falls Nanopartikel enthalten sind.
- Bewusster Umgang mit Sprays und losen Pudern: Um die Inhalation von Titandioxid-Partikeln zu minimieren, können diese Produkte vorsichtig angewendet oder titandioxidfreie Alternativen in Betracht gezogen werden.
- Kritische Betrachtung bei oralen Kosmetika: Bei Lippenprodukten und Zahnpasta kann es sinnvoll sein, auf titandioxidfreie Varianten zurückzugreifen, insbesondere bis weitere Forschungsergebnisse und Bewertungen vorliegen. Viele Hersteller bieten bereits solche Produkte an.
- Sonnenschutz: Mineralische Sonnencremes mit Titandioxid (auch in Nanoform) stellen einen wirksamen UV-Schutz dar. Eine korrekte Anwendung ist entscheidend. Das Einatmen von Sprays sollte vermieden werden.
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Titelbild: ©Ron Lach on Pexels